Die ersten Verhaftungen im Qatargate-Skandal erfolgten im Dezember 2022, als die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Eva Kaili, Antonio Panzeri (ein pensionierter EU-Parlamentarier aus Italien) und andere im Rahmen der Ermittlungen festgenommen wurden. Panzeri gab daraufhin zu, der Anführer des Systems zu sein, und stimmte einer Vereinbarung zu, wonach er im Gegenzug zu einer kürzeren Haftstrafe die Identität derjenigen preisgeben würde, die er bestochen und mit denen er sich verschworen hatte. Später wurde ein weiterer EU-Abgeordneter, Marc Tarabella aus Belgien, im Februar 2023, verhaftet, während Andrea Cozzolino, ein EU-Abgeordneter aus Italien, derzeit in Neapel unter Hausarrest steht und gegen seine Auslieferung nach Brüssel kämpft. Einigen Berichten zufolge könnten letztlich bis zu 60 weitere Abgeordnete in die Ermittlungen einbezogen werden.
Eine Historie von Skandalen und Geheimhaltung
Während Qatargate schon jetzt als der größte Skandal in der europäischen Politik in die Geschichte eingehen wird, ist es nicht der erste, welcher der Glaubwürdigkeit der EU erheblichen Schaden zufügt. So mussten 1999 alle 20 Mitglieder der Europäischen Kommission – des Exekutivorgans der EU – zurücktreten, nachdem der Bericht eines Whistleblowers Betrügereien großen Umfangs, Vetternwirtschaft und schwerwiegendes Managementversagen aufgedeckt hatte. Dieser Vorfall war jedoch keineswegs der Vorbote von Veränderungen, sondern lediglich ein Vorgeschmack darauf, was noch kommen sollte.
Der Galvin-Bericht, benannt nach dessen Hauptautor Robert Galvin, dem EU-Beamten für Innenrevision, wurde Ende 2006 verfasst, um die von Abgeordneten geltend gemachten Spesen und Aufwandsentschädigungen zu prüfen. Ausgewählt wurde eine Stichprobe von mehr als 160 MdEPs. Der Bericht deckte schockierende Missstände auf. Seine Existenz wurde bewusst vertuscht. Im Februar 2008 erfuhr Chris Davies, ein britischer EU-Parlamentarier, davon. Aber selbst dann blieb sein Inhalt geheim und nur eine ausgewählte Gruppe von Abgeordneten durfte ihn in einem verschlossenen und bewachten Raum einsehen. Wäre er nicht 2009 von WikiLeaks veröffentlicht worden, wäre der Bericht wahrscheinlich heute noch unter Verschluss.
Geheimhaltung und Intransparenz gehören zur Norm in den EU-Institutionen, die sich gewohnheitsmäßig bemühen, die Wahrheit vor ihren Bürgern zu verbergen. Ein durchgesickertes internes Memo der EU-Kommission aus dem Jahr 2009 ermutigt Beamte sogar aktiv dazu, Informationen vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Das Memo, das von der Handelsabteilung der Kommission herausgegeben wurde, teilt den Beamten mit, dass sie die europäischen Gesetze zur Informationsfreiheit umgehen können, indem sie zwei Dokumentensätze erstellen: eine neutrale, für die Öffentlichkeit bestimmte Version und eine geheime Version nur für den internen Gebrauch.
Auch Eurojust, die EU-Behörde zur Verbrechensbekämpfung, war bereits in Korruptionsskandale verstrickt. Im Dezember 2009 trat der Leiter von Eurojust, Jose da Mota, zurück, nachdem er für 30 Tage suspendiert worden war, weil er Druck auf die portugiesischen Staatsanwälte ausgeübt hatte, um eine Korruptionsuntersuchung zu stoppen, in die der portugiesische Premierminister Jose Sócrates verwickelt war. Sócrates, dem Skandale alles andere als fremd sind, wurde später wegen Geldwäsche und anderer Straftaten verhaftet.
Die Nazi-Wurzeln der ›Brüsseler EU‹
So schädigend diese wiederkehrenden Korruptionsskandale für die EU auch sind – bedrohlich, und zwar nicht allein für ihre politische Glaubwürdigkeit, sondern für die Existenz dieses Konstrukts, ist das wachsende Bewusstsein über die EU-Entstehungsgeschichte, die zurückgeht aufs ›Dritte Reich‹. In unserem Buch ›Die Nazi-Wurzeln der Brüsseler EU‹ legen wir dar, dass die entscheidenden Architekten der Europäischen Union aus eben jenen Reihen von Technokraten rekrutiert wurden, die zuvor die Pläne für ein Europa nach dem (für Nazi-Deutschland siegreichen) Zweiten Weltkrieg unter deutscher Kontrolle entworfen hatten. Seit seiner Veröffentlichung im Jahr 2010 hat das Buch in Ländern wie den Niederlanden, Rumänien, Großbritannien und den USA die Aufmerksamkeit der Medien erregt.
Im Mai 2016, einen Monat vor dem Brexit-Referendum im Vereinigten Königreich, beschrieb der britische Abgeordnete Boris Johnson in der Zeitung Sunday Telegraph, dass die EU mit dem Versuch, einen mächtigen europäischen Superstaat zu schaffen, »ein ähnliches Ziel wie Hitler verfolgt«. Die Richtigkeit seiner Aussage wurde von vielen seiner Parlamentskollegen offen unterstützt. Bezeichnend ist, dass Johnson und andere britische Abgeordnete nur wenige Tage zuvor Exemplare unseres Buches erhalten hatten.
Wie das Buch und die dazugehörige Dokumentation eindeutig belegen, wurde die Nazi-Vorlage für Struktur und Funktion der EU im Jahr 1941, zwei Jahre nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, ausgearbeitet. In Dresden gab es zu dieser Zeit ein wenig bekanntes Forschungsinstitut, das von einem Mann namens Arno Sölter geleitet wurde. Im Jahr 1941 fasste Sölter die Pläne der Nazis für deren Nachkriegseuropa in einem Buch mit dem Titel ›Das Großraumkartell. Ein Instrument der industriellen Marktordnung im neuen Europa‹ zusammen. Das Buch rollt alle Schlüsselelemente aus, die wir heute in der EU sehen, wie z. B. die nicht gewählte Europäische Kommission, als Vollstreckungsorgan des Konstrukts, und das System der zur Rechtsetzung verwendeten ›Direktiven‹.
Aber das ist noch nicht alles. Der erste Präsident und Hauptarchitekt der EU war der deutsche Rechtsanwalt Walter Hallstein. Als Mitglied offizieller Nazi-Organisationen war Hallstein vor und während des Zweiten Weltkriegs einer der Hauptarchitekten jener Neuen Weltordnung, mit der die Nazis im Auftrag des industriellen IG-Farben-Kartells über Europa und schließlich die Welt herrschen wollten.
Wir wissen dies aus der Tatsache, dass Hitler im Mai 1938 mit Mussolini in Rom, Italien, zusammenkam, um die globale militärische Eroberung zu planen und die Welt nach dem Zweiten Weltkrieg zu gestalten. Einen Monat später, im Juni 1938, traf Walter Hallstein in Rom als Teil der offiziellen NS-Staatsdelegation ein, um den juristischen Rahmen für die konzipierte Neue Weltordnung auszuarbeiten. Am 23. Januar 1939 enthüllte er diese Pläne in einer öffentlichen Rede in Rostock.
Weniger als zwei Jahrzehnte später, am 25. März 1957, war Hallstein erneut in Rom. Nun gehörte zu den 12 Unterzeichnern der ›Römischen Verträge‹ – der Gründungsakte der EU. Zwischen 1958 und 1967 fungierte Hallstein dann Gründungspräsident der Europäischen Kommission und begann mit der Umsetzung des nationalsozialistischen Entwürfe für Europa.
Mithin scheint eines schon jetzt gewiss: Sollte Qatargate selbst nicht den Anfang vom Ende der so genannten Europäischen Union ankündigen, so wird das weltweit zunehmende Wissen über die Nazi-Wurzeln der EU dies ganz sicher tun.
- Veröffentlicht von Paul Anthony Taylor at April 25, 2023
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